Du sollst dir kein Bildnis machen

Es ist bemerkenswert, dass wir gerade von dem Menschen, den wir lieben, am mindesten aussagen können, wie er sei.
Wir lieben ihn einfach.
Eben darin besteht ja die Liebe,
das Wunderbare an der Liebe, dass sie uns in der Schwebe des Lebendigen hält,
in der Bereitschaft, einem Menschen zu folgen in allen seinen möglichen Entfaltungen.
Wir wissen, dass jeder Mensch, wenn man ihn liebt, sich wie verwandelt fühlt,
wie entfaltet,
und dass auch dem Liebenden sich alles entfaltet,
das Nächste,
das lange Bekannte.
Vieles sieht er wie zum ersten Male.
Die Liebe befreit es aus jeglichem Bildnis.
Das ist das Erregende,
das Abenteuerliche,
das eigentlich Spannende,
dass wir mit den Menschen, die wir lieben,
nicht fertig werden:

weil wir sie lieben, solang wir sie lieben. [...]


(Max Frisch: Du sollst dir kein Bildnis machen. In: Die Tagebücher. 1946-1949. 1966-1971. Berlin u. a. (c1978), S. 29)

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