Sonntag, 10. Juli 2005

Kapitel II

" 10. Juli
Manchmal wünsche ich, ich lebte in einer anderen Welt. In einer Welt, fern von diesem Leben, welches alles nur erdenkliche aufbringt, um einem jeden Felsen - der eine noch größer und unüberwindbarer als der vorherige - in den Weg zu legen. Sicherlich bringt einen dieses ständige Kämpfen um sein Leben dazu stark zu werden. Andererseits ist das andauernde Starksein sehr ermüdend und es täte wirklich gut, einmal nicht stark sein zu müssen. Eine Pause zu haben. Neue Kräfte zu sammeln.
Manchmal bin ich so erschöpft, dass ich die Realität aus den Augen verliere und mein Leben einstweilen in dieser anderen Welt weiterlebe. In dieser Welt, in der Namen noch eine Bedeutung haben. In der die Menschen die Zeit haben zu träumen und die Möglichkeit besitzen diese Träume auszuleben. In dieser Welt muss nicht ich die Suche nach meinem Glück anstreben, dort findet die Liebe zu mir.
Ja, ich träume von einer Zeit, in der Männer noch das waren, was sie nun nicht mehr sind. Von einer Zeit, in der Frauen noch etwas galten. Wer glaubt schon dieser Emanzipation des 20. Jahrhunderts? Dem Jahrhundert, in dem die Frauen lernten ihr Leben selbst zu bestimmen, den Respekt gegenüber anderen Menschen verlierten, mutiger und selbstständiger wurden. Heute gilt es als unschön, ein nicht emanzipiertes Frauendasein zu führen. Doch dabei wird übersehen, dass jene von ihren Männern abhängige Frauen, vielleicht nie die Möglichkeit besaßen sich zu entfalten. Denn nur wer sich entfalten kann, besitzt die Möglichkeit frei zu sein. Auch wenn er bzw. sie "unter der Haube" steckt. Heute wird man als Frau nicht mehr bewundert, wenn man Männertaten volbringt, wenn man ein Mauerblümchendasein führt, wenn man ganz einfach als Frau lebt. Die Wahrheit ist: die Männer fürchten Frauen wie mich. Sie haben Angst vor mir, weil ich keine Angst vor ihnen habe. Die andere Wahrheit ist: Frauen wie ich brauchen Bewunderung um überleben zu können.
Doch was soll man noch bewundern können, wenn längst keine Normen mehr gesetzt sind? Wenn alles unmöglich und doch möglich ist? Wenn die Linie zwischen Gleichheit und Individualität unscharf geworden ist? Vor lauter Individualität sind sämtliche Individuen gleich geworden. Vor lauter Emanzipation wurde jegliche Bewunderung unmöglich gemacht. Individualismus und Emanzipation prägen die Gesellschaft von heute. Nichts ist mehr unmöglich. Es gibt weibliche Männer und männliche Frauen. Animalische Menschen und vermenschlichte Tiere.
Und Frauen wie ich gehen zugrunde.
Frauen wie ich streben weder nach dem einen noch nach dem anderen. Sie SIND anders als alle anderen, und sie SIND mutiger und selbstbewusster als alle anderen. Doch diese wahren bewunderungswürdigen Kreaturen gehen unter in einem Meer aus geheuchelter Individualität. Diese Individualität ist angelernt, antrainiert, ursprünglich um das zu erreichen, wonach sich jeder Mensch sehnt: Bewunderung.
Es gibt nur noch wenige Männer die in der Lage sind mit solchen Frauen umgehen zu können. Und nicht, weil sie es gelernt haben, sondern weil auch sie so SIND. Weil sie noch wahren Edelmut und Respekt gegenüber einer Frau besitzen. Weil sie keine Angst haben.
Ja, ich wünschte ich lebte in einer solchen Welt in der ich noch etwas gelten würde. In der es einen Mann gäbe, der mich zu schätzen wüsste. Der um meine Liebe kämpfen würde. Und dem ich mich bedingungslos hingeben könnte.
Liebe ist nicht Verliebtsein, nicht Zuneigung, nicht Sympathie, und nicht Sehnen. Die wahre Liebe kommt nicht aus dem Herzen, sondern aus der Seele. Sie ist unauslöschlich und überdauert den Tod. Die Liebe ist alles und nichts, und manche Menschen suchen ein ganzes Leben lang nach ihr, nur um sich an ihrem Sterbebett einzugestehen, sie doch nie gefunden zu haben.
Die wahre Liebe fordert ein Menschenleben für ein anderes. Das eigene Leben brennt in einem Menschen wie das Feuer. In der einen Seele wie eine kleine Flamme, in der anderen Seele wie ein großer Brand. Doch im Angesicht des Todes wird selbst ein kleiner Funken alle Kraft aufwenden und anwachsen zu einem Inferno, um das eigene Leben zu bewahren. Wenn man eine Kerze ausbläst, kann man beobachten, dass ihre Flamme sämtliche Energie gebraucht, um größer zu werden. Sie geht erst aus, wenn sie keine Kraft mehr hat, dem Luftzug Stand zu halten.
Erst wenn du deinem eigenen Spiegelbild in aller Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit zu dir selbst sagen kannst, dass du dein Leben ohne mit der Wimper zucken hergeben würdest, um das Leben "deines" Menschens zu retten, dann liebst du ihn.
Erst wenn du dich für diesen einen geliebten Menschen mit Leib und Seele opfern kannst, kannst du dir sicher sein die Liebe deines Lebens gefunden zu haben."


Zum ersten Mal seit langem schreibe ich wieder in mein Tagebuch. Vielleicht hilft es mir herauszufinden, was mir diese Träume sagen wollen. Vielleicht muss ich mich erst selbst finden, um erfahren zu können, was mir durch diese Träume übermittelt werden soll. Vielleicht muss ich mir meiner Persönlichkeit erst bewusst werden, mich selbst kennenlernen. Denn irgendetwas bedeuten sie, das spüre ich ganz genau.
Und Ich werde es herausfinden.

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